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Diesjähriger Aprilscherz

Bild von Markus Kohm

Nachdem die American Mathematical Society in ihrer aktuellen Ausgabe von »Bulletin of the AMS« überraschend bekannt gegeben hatte, dass sie die Rechte an TeX an eine der weltweit größten Softwarefirmen verkauft haben, war ich schon seit einigen Tagen in einem größeren Zwiespalt. Auf der einen Seite bestand natürlich eine gute Chance, dass damit die weitere Entwicklung einen enormen Schub erhalten würde.

In dem heute in der Washington Post veröffentlichten Interview mit der Leiterin der Abteilung Office Research and Development besagter Firma in der sie außerdem bekannt gibt, dass Mitte April die Marke TeX von Pricewaterhouse übertragen werden wird, klingen nun allerdings Töne an, die schlimmstes befürchten lassen. Witziger Weise muss sie erst einmal erklären, was TeX denn überhaupt ist. Dabei lobt sie »Mr. Donald Knuth« über den grünen Klee, erwähnt aber zunächst mit keinem Wort die Community darum. Vielmehr klingt es so, als handle es sich um eine Software, die außer von der AMS seit Jahrzehnten von niemandem verwendet werde. Dann wird sie gefragt, was die Firma nun mit TeX vorhabe. A. L.: »We are intended to integrate the excellent algorithms of TeX into our excellent office products to make both indeed even more excellent.« [Übersetzt in etwa: »Wir beabsichtigen die hervorragenden Algorithmen von TeX in unsere hervorragenden Office Produkte einzufügen, um beides sogar noch hervorragender zu machen.«] Auf die Frage, ob damit die steigende Konkurrenz durch OpenOffice und LibreOffice zurückgedrängt werden soll, beginnt A.L. erst mit »Well, the source code and patents of TeX« bekommt dann aber noch einmal den Bogen und meint nur, dass sie sich nicht auf andere Produkte konzentrieren, sondern darauf ihre Produkte besser zu machen. W.P.: »Better than other products?« A.L.: »Sure.« Auf die Frage, ob dazu auch besagte Patente genutzt werden sollen, antwortet sie wieder nur mit »Sure.« Auf das Nachhaken, ob diese auch rechtlich genutzt werden sollen und ob das überhaupt möglich sei, antwortet sie, das liege außerhalb ihrer Zuständigkeit. A.L.: »That is a decision of the legal department.« [Übersetzt: »Das ist eine Entscheidung der Rechtsabteilung.«]. Dass sie nicht würde sondern ist verwendet hat, lässt tief blicken. Darüber hinaus erklärt sie, dass TeX entgegen anderslautender Gerüchte eindeutig nicht Public Domain sei. Zwar sei der Quellcode öffentlich zugänglich, aber schon »Mr. Knuth« habe die Freigabe als Public Domain immer abgelehnt.

Ganz zum Schluss kommt dann doch noch die Frage, wie es nun mit der Community um TeX weitergehe, das doch in wissenschaftlichen Kreisen recht verbreitet sei. Da heißt es dann, man solle sich überraschen lassen. Auch die Community würde von der Integration profitieren und sicher begeistert sein. Recht kess fragt sie zurück, ob nicht ein besseres Produkt mit extrem weiterer Verbreitung ein Fortschritt für alle sei. Abschließend wird sie noch gefragt, wann denn mit diesem besseren Produkt zu rechnen sei. Darauf antwortet sie, dass die Entwicklung sich im laufenden Release Prozess niederschlagen werde. Anwender von Office 365 würden noch in diesem Jahr profitieren.

Nun, ich kann darauf nur antworten, dass dieser Teil der Community nicht von der Entwicklung profitieren wird, sondern vielmehr befürchtet, dass ein exzellentes Produkt zerpflückt wird und am Ende nichts mehr davon übrig bleibt. Jedenfalls werde ich nun erst einmal abwarten, bevor ich weitere Energie investiere. Außerdem sei April Laughjoy gesagt: KOMA-Script bekommt sie nicht!

Kommentare

Bild von Markus Kohm

Offenbar hatte das CTAN-Team dieses Jahr eine ganz ähnliche Idee für einen Aprilscherz, nur dass dort TeX an einen Latex-Produzenten verkauft wurde. Den wenigen, die sich dieses Jahr hierher verirrt haben, sei gesagt: Echt sind an meinem Beitrag nur zwei Links. Der Rest ist frei erfunden und absoluter Quatsch!

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