Vor ein paar Wochen hatten einige meiner Kollegen (Hochschullehrer) und ich darüber sinniert, welches Textsystem wir denn am besten für gemeinsam verfasste und/oder ständig zu pflegende Texte anwenden sollten. Irgendwie waren wir schnell übereingekommen, dass für Ingenieure TeX wohl am besten geeignet wäre, wegen der bekannt leistungsfähigen Formelgestaltung.
Allerdings war uns auch klar, dass der Einstieg für uns recht anspruchsvoll wäre und wir mit unserem Wissen um MS Word und Libre Office nicht viel bestellen könnten. Also hatten wir beschlossen, dass wir uns bei Gelegenheit zusammentun und erst einmal Know-how sammeln.
Letztes Wochenende ist bei mir ein grippaler Infekt zum Ausbruch gekommen, der sich bis heute hin zieht. Anfängliche starke Bauchschmerzen wurden inzwischen vom Schnupfen abgelöst. Eine gute Gelegenheit, dachte ich, sich einmal mit dem Thema LaTeX zu befassen, bevor mich das Tagesgeschäft wieder einholt. Ein weiterer konkreter Anlass war ein Artikel in der aktuellen c't (Zacharias Steinmetz: In Form gegossen. c't 2019, Heft 9, Seite 152-157), in dem es um das Schreiben und Gestalten von anspruchsvollen Texten mit LaTeX geht.
Aus heutiger Sicht bin ich also ein blutiger Anfänger bei LaTeX, obwohl, so ganz unbeleckt bin ich nicht. Vor über 30 Jahren hatte ich mich schon einmal in TeX eingearbeitet und als leidenschaftlicher Programmierer (von Assembler über Pascal und C heute bei C++ und C#/Java) war ich von dem Konzept 100%ig überzeugt. Aber es war damals wirklich sehr umständlich, die mit TeX erzeugten Ergebnisse auf einen konkreten Drucker zu bringen und so landete ich bei WordPerfect. Meine Doktorarbeit hatte ich davor übrigens in WordStar auf einem Apple 2 mit CPM-Softcard geschrieben und über einen Typenrad-Drucker ausgedruckt. Dafür musste ich den Druckertreiber von Wordstar erweitern (dafür hatte man beim Apple 2 damals genau 256 Byte Programmspeicher auf der Z80-Softcard frei), um während des Ausdruckens das Typenrad für griechischen und lateinischen Zeichensatz zu wechseln.
Um in das Thema möglichst schnell einzusteigen, habe ich mich am genannten c't-Artikel orientiert. Und weil ich mich in den letzten Monaten furchtbar über Windows 10 geärgert hatte (da bin ich nicht der Einzige, deshalb keine Details), habe ich mir die Umgebung auf Linux Mint (19, Tara) eingerichtet. Zunächst TeX Live installiert, dann TeXstudio und schließlich auch noch Zotero für die Literaturverwaltung. Das lief alles auf Anhieb und ich war schon mal sehr begeistert.
Als leidenschaftlicher Programmierer (von Haus aus bin ich allerdings Elektroniker, also ich lehre Elektronik, bastle gerne und habe auch ein eigenes Projekt für eine dezentrale Heimautomatisierung) hat mich das TeXstudio sofort gefangen genommen. Es hat mir (trotz Erkältung) sehr viel Spaß gemacht, Texte für LaTeX zu schreiben und per Click sofort das PDF-Ergebnis in einem Fenster zu sehen. Auch, wenn ich zugeben muss, dass ich selbst vorher wenig recherchiert hatte und nur über den Artikel in der c't auf TeXstudio gekommen bin.
Inzwischen bin ich so weit, dass ich die Vorteile von KOMA-Script erkennen kann, obwohl ich sie ja bereits von vornherein genutzt hatte, denn das Beispiel in der c't verwendet die Dokumentenklasse scrartcl. Und natürlich ist mir nicht entgangen, dass ich damit das Engagement einzelner Kämpfer für eine bessere Welt einfach einbeziehe.
Deswegen an dieser Stelle erst einmal ein großes Dankeschön für KOMA-Script und die damit geleistete Arbeit. Ich hoffe sehr, dass die engagierten Mitstreiter (in erster Linie natürlich Markus Kohm) weiter am Ball bleiben und nicht den Mut verlieren in einer Zeit, wo der Schein das Sein schon fast verdrängt hat und Fachwissen oft nur honoriert wird, wenn es den globalen Megatrends unserer Zeit die Steigbügel hält.
Ein frohes Osterfest allen Mitgliedern und Lesern dieses Forums.
R.P.
Vielen Dank
Vielen Dank für diesen Beitrag. Gute Besserung! Auch Dir
Frohe Ostern!
Markus
Welches Umfeld?
In welchem Umfeld arbeitet ihr? Da du schreibst, daß deine Kollegen Hochschullehrer sind, nehme ich an, daß du auch einer bist und ihr demnach an einer Uni/FH arbeitet. Ist da LaTeX nicht weit verbreitet oder gar das Standardwerkzeug?
Aus meiner Unizeit, die noch nicht allzu lange vorbei ist, weiß ich, daß LaTeX nicht nur unter Mathematikern und Physikern weit verbreitet ist sondern auch unter Ingenieuren. Ich habe aber inzwischen mitbekommen, daß bei den Ingenieuren der Anteil derjenigen, die lieber Word benutzen, vielleicht doch höher ist, als ich dachte. Ich arbeite in der Industrie, muß mich da regelmäßig mit Word & Co. herumschlagen, habe aber tatsächlich Leute kennengelernt, die auch LaTeX benutzen, oder es zumindest versuchen.
Langer Rede kurzer Sinn: Ich bin heute der Überzeugung, daß LaTeX nicht schwieriger zu beherrschen ist als Word, wenn man es richtig machen (und gut/vernünftig/sauber/halbwegs professionell aussehen lassen) will. Es gibt Dinge, die Word (oder auch Pages von Apple) einfach nicht kann (LibreOffice schon eher), oder nur mit großen Verrenkungen, die LaTeX einfach von selbst macht.
Ich bin (offensichtlich) auch froh, daß es LaTeX gibt. ;-) Und daß es KOMA-Script gibt. LaTeX in Kombination mit KOMA-Script zähle ich mindestens zu den zehn wichtigsten, hochwertigsten und erhaltenswertesten Softwareprojekten.