Silvester ist für die viele Leute ja ein Anlass für Vorsätze, für die sie sich ab Neujahr dann die größte Mühe geben, sie wieder zu vergessen. Für mich ist die Zeit vom 4. Advent bis Silvester inzwischen eher eine Gelegenheit das vergangene Jahr ein wenig zu reflektieren. Vorsätze für das neue Jahr treffe ich hingegen eher keine mehr. Selbst die Frage, was ich mir vom kommenden Jahr erwarte, verkneife ich mir. Stattdessen habe ich täglich den Vorsatz, den Tag so zu nehmen, wie er kommt. Mal bin ich damit erfolgreich mal weniger.
Das vergangene Jahr war im Hinblick auf KOMA-Script ein gutes Jahr. Im April kam die inzwischen 5. Auflage des KOMA-Script-Buches heraus. Wie immer ist es die beste Ausgabe aller Zeiten auch wenn sie dieses Mal mit einem damligen Fehler protzt. Der Verkauf im ersten Halbjahr war gut. Für das zweite habe ich noch keine Zahlen. Im Zuge des Buches entstanden einige Erweiterungen an KOMA-Script, die für die meisten Anwender im Gegensatz zu mir selbst eher undramatisch sind.
Das im Vorfeld oder in der Vorbereitung auf das Buch endlich implementierte Paket scrlayer mit seinen Unterpaketen ist auf der einen Seite eines meiner persönlichen KOMA-Script-Highlights, auf der anderen Seiten aber auch Verpflichtung und Risiko. Das Potential des Pakets bzw. der Paketfamilie ist so hoch, dass es mich an die Einführung von scrlttr2 erinnert. Dessen Entwicklung und hoher Anspruch war damals auch ähnlich herausfordernd, riskant und verpflichtend. Jetzt könnte ich auch gleich den Bogen zum neuen Jahr nehmen, will den aber noch ein wenig hinauszögern.
Endlich habe ich es im vergangenen Jahr auch geschafft, nicht nur eine sondern gleich zwei DANTE-Tagungen zu besuchen. Bei beiden habe ich mich zu einem Vortrag durchgerungen und jeweils sogar freundliche Worte dafür geerntet. Bei beiden Tagungen wurde ich von unerschiedlichen Leuten teils im Spaß, teils ernsthaft gefragt, ob ich nicht Lust hätte, ein Anwendungsbuch zu KOMA-Script zu schreiben. Lust habe ich keine, Markt sehe ich auch nicht, aber ein paar Häppchen könnten eventuell auch abseits eines Buches entstehen. Ein wenig dazu gab es bereits auf der zweiten Tagung und hier auf komascript.de.
Ein besonderes Highlight, das auch im Zusammenhang mit den Tagungen steht, war das Zusammentreffen mit einigen Leuten, die ich lange nicht mehr gesehen hatte oder denen ich noch nie persönlich begegnet war. Darunter waren Menschen, die ich seit Jahren schätze und bei denen die Begegnung tatsächlich wie die alter Bekannter war. Das erfüllt mich menschlich noch immer. Aber genauso wichtig und wertvoll war das erstmalige Zusammentreffen mit einigen, die ich noch gar nicht so lange kenne oder dort erst kennen lernte, mit denen mich aber bereits viel verbindet. Besonders erfreulich war auch, dass einige Begegnungen inzwischen zu häufigeren Kontakten führten. Ich rede nicht gerne von wiederholten Begegnungen, weil sie genau genommen nicht wiederholt werden können, sondern jedes mal neu stattfinden.
Schön ist, dass im Verhältnis zu CTAN klar gestellt werden konnte, dass ich nichts gegen CTAN habe und CTAN nichts gegen mich, sondern dass Paketveröffentlichungen auf CTAN schlicht Arbeit darstellen, die nicht nur mich, sondern auch CTAN wenig motiviert. Auch hier gab es die positive Entwicklung, dass ich mich wohl vorerst zumindest bezüglich KOMA-Script nicht mehr darum kümmern werden muss.
Für komascript.de selbst gab es ebenfalls positives. So erfolgte der Umzug auf einen wesentlich leistungsfähigeren Server, der es mir nebenbei ermöglichst, Releases direkt auf dem Server zu erzeugen und zu veröffentlichen. Zwar gibt es dabei noch ein paar kleinere Haken, aber die implementierte Lösung ist für mich und einige wenige bereits hilfreich. Ein kleiner Nachteil hat sich allerdings auch ergeben: Meine Kontrolle über die Mailinglisten zu KOMA-Script ist etwas geringer geworden. Ich habe zwar bereits im Frühjahr damit angefangen dem Admin ein paar Skripte zur Verfügung zu stellen, mit denen sich das teilweise wieder ändern soll, allerdings fehlt mir augenblicklich die Zeit, mich weiter darum zu kümmern.
Schön war auch, dass ich von einigen Leuten Rückmeldung bezüglich ihres Einsatzes von KOMA-Script bekommen habe. Sowohl eine der ersten Mitteilungen als auch eine der letzten Mitteilungen 2014 waren, dass wieder einmal die schriftliche Ausarbeitung einer Dissertation mit KOMA-Script fertiggestellt wurde. In beiden Fällen resultierte das auch in einer Zuwendung.
Ich darf mich bei allen Sponsoren des Jahres 2014 bedanken – auch bei denen, die ausdrücklich nicht genannt werden wollen. Neben finanziellen Zuwendungen für den Serverbetrieb oder allgemein für KOMA-Script gab es im letzten Jahr außergewöhnlich viele Hardware-Spenden, eine TV-Serie aus meinen Kindertagen, einige Bücher und viele gute und motivierende Worte. All diese und die Menschen, die dahinter stecken, würde ich gerne in ständiger Erinnerung behalten. Wie ich mich kenne werde ich aber schon bei nächster Gelegenheit irgend einen – auch mehrfachen – Sponsor fragen, woher wir uns denn nochmal kennen. Im Voraus bitte ich dafür um Entschuldigung. Ich habe pro Jahr mehrere Dutzend neue Kontrakte oder langjährige Kontakte, derer ich mir erst bewusst werde. Es fällt schwer, ohne gut gepflegte Datenbank, den Überblick zu behalten. Gerne rede ich mich darauf hinaus, dass es auch etwas positives hat, jeder Anfrage gleich aufgeschlossen – böse Stimmen würde vielleicht auch sagen: zugeknöpft – zu begegnen, egal ob sie von jemandem kommt, dem ich zu großem Dank verpflichtet bin oder von jemandem, den ich selbst in strahlendem Sonnenschein nicht erkennen würde, oder von jemandem, dem ich nicht im Dunkeln begegnen möchte. Um ehrlich zu sein: Viel mehr als eine Ausrede ist das nicht.
Ja, damit sind wir beim neuen Jahr angekommen. Demnächst wird es offiziell die bereits in Vorabversionen veröffentlichte KOMA-Script-Version 3.15 geben. Nur wenige wissen, welch tiefgreifende Änderungen damit verbunden sind. Für eine Hand voll Anwender am offensichtlichsten wird die Einführung des Pakets scrletter sein. Ich weiß, das manche sich so etwas schon seit Jahren wünschen. Tatsächlich hat mich jemand auf diese Idee schon gebracht, als ich ihm von den Ideen, die mit dem Wechsel der 2.9er-Reihe von KOMA-Script zur 3er-Reihe von KOMA-Script verbunden waren, berichtete. Es hat aber mehr als fünf weitere Jahre gedauert, das endlich in die Tat umzusetzen. Manchmal glaube ich ja für kurze Zeit, dass KOMA-Script nun eigentlich fertig sein müsste und es nur noch Fehlerkorrekturen geben sollte. Die meiste Zeit erwarte ich aber, dass die Zukunft noch ungeschrieben ist und deshalb noch vieles geschehen wird. Manchmal sehe ich mich mit 80 vor einem inzwischen total veralteten Computer sitzen, still für mich und einige wenige an etwas bastelnd, was meine Enkel belächeln. Ein tröstliches Bild. Wer möchte nicht gerne 80 werden und dabei noch so geistig fit sein, dass er in der Lage ist, Software zu entwickeln und Kontakte mit anderen zu pflegen.
In diesem Sinne
Markus