Nach der umfangreichen Hilfe durch Markus und andere Personen stelle ich hier nochmal mein typografisches Experiment zur Diskussion.
Ich möchte gern nach und nach ein "Skript in Buchform" erstellen, da es aus meiner Sicht bislang kein geeignetes Schulbuch für Informatik in der Kursstufe gibt. Dabei soll man den Text wie einen Roman lesen können, ohne durch Nummern von Definitionen oder Gleichungen abgelenkt zu werden. So sind Definitionen, Sätze und Beweise fließend in den Text integriert, am Rand aber entsprechend "formal" gekennzeichnet. Auch Abbildungen, die eher den "Charakter einer abgesetzten" Formel haben, weil sie relativ klein und für das Verständnis an dieser Stelle unverzichtbar sind, finden sich an Ort und Stelle. Auf größere und "weniger wichtige" Abbildungen und Tabellen, die sich oben oder unten auf der Seite finden, wird wie üblich per Nummer verwiesen.
Damit die Randspalte vernünftig im Satzspiegel unterzubringen ist, habe ich mich für die relativ eng laufende Linux Libertine entschieden. Ein guter Ausbau für mathematische Formeln war mir auch wichtig.
Alle strukturierenden Elemente (Überschriften, die Bezeichnungen für Abbildungen, Tabellen und Theoreme inklusive der Nummern, Gleichungsnummern, Nummern der Fußnoten am Seitenende, ja sogar Seitenzahlen) sind einheitlich in serifenloser Schrift gehalten. Die lebenden Kolumnentitel erscheinen zusätzlich kursiv, um sie besser vom Text abzusetzen. Für die Markierung von Fußnoten im Text verwende ich Old Style Figures, sonst aber die etwas moderner wirkenden Lining Figures.
So habe ich nun mal einen der wohl schwierigsten Abschnitte gesetzt, der sehr formal angehaucht ist. In anderen Teilen des Skriptes wird es deutlich mehr Fließtext und viel weniger abgesetzte Formeln geben.
Jede konstruktive Kritik zu meinem vier Doppelseiten umfassenden Ergebnis nehme ich gern entgegen.
Viel Text zu später Stund’ …
Die Idee mit den Captions im Rand gefällt mir grundsätzlich gut. Aber kein Vorteil ohne Nachteil …
Die Zustandsdarstellungen sehen wie gesagt mehr wie abgesetzte Formeln aus, andererseits schadet da eine kurze Beschreibung nicht. Das Problem dabei ist nur, daß die Beschreibung schnell mal mehr vertikalen Platz beansprucht als das Bild selbst. Das kann schnell mit anderen Elementen in der Randspalte kollidieren. Auf Seite 22 zum Beispiel passiert das fast. Das gilt analog für Sätze und Definitionen. Mir fällt dafür aber auf Anhieb auch keine andere Lösung ein, als immer genug Text hinzuschreiben oder die Formelnummern nicht in den Rand zu setzen. Ich finde nicht, daß die Nummern ablenken, wenn sie neben der Formel statt im Rand stehen. Außerdem gewöhnt man gleich diejenigen daran, die später Informatik oder dergleichen studieren wollen. ;-) Ist ja auch nichts wirklich gewöhnungsbedürftiges.
(Oberhalb von Gleichung 7.3 bzw. bei Abb. 7.9 kann man übrigens Symmetrie als Argument anführen.)
Soll das kleine graue Quadrat ein Halmos-Symbol darstellen und q.e.d. bedeuten? Dann gehört das nur am Ende eines Beweises gesetzt, oder? Also nicht bei Sätzen und Definitionen, meine ich damit. Ein Satz endet dort, wo im Rand Beweis steht. Ein Beweis endet am Quadrat. Fehlt nur etwas für Definitionen. Oder man rückt Sätze, Beweise und Definitionen beidseitig ein wenig ein.
Müßte nach dem Quadrat in Definition 7.1 nicht ein neuer Absatz (mit Einzug) beginnen (»Im Folgenden …«)?
Ich glaube, ich würde alle Formeln numerieren, nicht nur manche. Dann hat man aber zum Beispiel bei Satz 7.1 oben genanntes Platzproblem.
Da die Zustandsdarstellungen sehr wie abgesetzte Formeln aussehen, würde ich mir überlegen, sie ebenfalls linksbündig zu setzen. Ich würde mir auch mal ansehen, wie es aussieht, wenn man sie zentriert läßt und auch die Formeln, die Überschriften und sogar die Kolumnentitel und Seitenzahlen zentriert setzt. Ich finde, bei der Garamond-artigen Schrift paßt das ganz gut.
Die Tabellen 7.3 und 7.4 gehen über die ganze Textbreite, Tabelle 7.2 nicht. Dadurch setzt sich Tabelle 7.2 weniger vom Fließtext ab als die anderen beiden Tabellen. Bei allen dreien stehen die Linien über den Tabelleninhalt über, aber unterschiedlich weit. Ich würde versuchen, das alles irgendwie zu vereinheitlichen.
Stehen die kleinen z in den Kreisen unterschiedlich weit oben? Vielleicht muß man sich da etwas wie
\strut
basteln.Zu den Fußnoten, wie schon im anderen Thread beschrieben: Ich setze da etwas mehr und immer gleich viel Abstand nach der Nummer und etwas mehr Abstand zwischen Fußnoten als der normale Durchschuß.
Ich mag ja Literaturangaben in Fußnoten normal nicht (ich bin Naturwissenschaftler), aber bei einem Schulbuch paßt das vielleicht eher. Wobei man dadurch eben ein Literaturverzeichnis erhält, das sich über viele Seiten verteilt.
Dann noch etwas, was wahrscheinlich nur mir so geht: Die Seiten 24 und 25 erinnern mich mit ihren oberen Bereichen an Flachdächer von Hochhäusern in alten Videospielen (2D). Man ist ganz oben, es stehen noch ein paar Dinge nach oben über, insgesamt geht es luftig zu. Es entsteht so ein über-den-Dächern-Effekt. Das ist jetzt nicht direkt ein Problem, und wenn, dann natürlich keines, das speziell hier auftritt, sondern ein grundsätzliches. Ich habe schon überlegt, ob man das durch eine Linie unterhalb des Seitenkopfes abmildern kann. Aber das würde das Erscheinungsbild formal deutlich härter machen, und man müßte sich überlegen, wo diese Linie aufhört. Wenn man sie nur breit macht wie den Fließtext, trennt sie den Randtext stärker vom Fließtext ab.
Kein Licht ohne Schatten
Vielen Dank für die ausführlichen Kommentare. Ich gehe sie mal kurz durch.
Das Platzproblem am Rand bei kleinen Abbildungen ist nicht von der Hand zu weisen. Bei Tabellen dürfte es in aller Regel nicht auftreten. Meines Erachtens ist das auch unabhängig davon, ob die Abbildungen gleiten oder in den Text integriert sind. Bei Abbildung 7.9 auf Seite 24 fällt es vielleicht nicht sofort auf, aber an dieser Stelle ist Leerraum zwischen der "Unterkante" der Abbildung und der ersten Textzeile größer als normal. Bei Abbildung 7.8 auf Seite 23 finde ich das Aussehen noch akzeptabel, da oberhalb und unterhalb der Beschriftung am Rand ausreichend Platz ist. Ein Kürzen der Beschreibung wäre inhaltlich nicht vertretbar.
Normalerweise nehme ich auf die Breite von Tabellen keinen Einfluss. Die Tabellen 7.3 und 7.4 sind aber fast so breit wie der Text, so dass der kleine "Versatz" sehr unschön aussah. In diesen Fällen habe ich die Tabellen auf die Textbreite gedehnt. Bei Tabelle 7.3 fällt dies meines Erachtens kaum auf, bei Tabelle 7.4 hingegen sehr deutlich. In letzterem Fall könnte ich die Tabelle "künstlich" breiter oder schmaler werden lassen, da die Darstellung bis n = 10 ja völlig willkürlich ist. Hier wäre für mich aber wieder eine Grenze überschritten. Ich hatte die inhaltliche Entscheidung so getroffen, und nun muss ich mit dem Satz irgendwie zurechtkommen, auch wenn das Ergebnis nicht hundertprozentig optimal ausfällt.
Das hellgraue Quadrat soll einheitlich für das Ende eines am Rand besonders gekennzeichneten Textteils (Definition, Satz, Beweis, Beispiel, ...) stehen. Bei Sätzen mit Beweis könnte es nach Ende des eigentlichen Satzes problemlos entfallen. Es gibt aber auch Sätze ohne Beweis wie beispielsweise Satz 7.3. Ich habe das Quadrat also gar nicht so sehr mit "q.e.d." assoziiert. Zugegebermaßen ist das ungewöhnlich. Ich habe mich bei meinem Experiment mal recht mutig von bestimmten Traditionen gelöst.
Das trifft auch auf die Gleichungsnummern zu. Hier war ich lange Zeit unsicher, ob ich sie auch in den Rand setzen soll. Die Symmetrie auf den Seiten 22 und 23 ist für mich durchaus ein Argument (wenngleich das Seitenende mit abgesetzten Formeln ohnehin nicht besonders schön ist). Wichtiger war mir aber das einheitliche Konzept, dass alle Nummerierungen am Rand auftauchen.
Eine Linie unter der Kopfzeile kann ich mir nicht gut vorstellen. Ich hatte das tatsächlich überlegt, dann würde ich sie ggf. in einem nicht zu dunklen Grauton erscheinen lassen. Für mich würde dadurch aber viel von der "Luftigkeit" der Doppelseite verloren gehen, tatsächlich würde diese Variante für mich "zu streng" wirken. Zudem könnte ich sie ja nicht bis in den Rand ausdehnen, da die Randnotizen etwas in den eigentlichen Rand hinein "ausfransen". Die Wahrnehmung des Satzspiegels, zu dem für mich neben dem eigentlichen Textbereich auch die Kolumnentitel und die Randspalte gehören, würde dadurch wohl eher erschwert. Aufgrund des Sonderformats nimmt man diesen ja wirklich nur bei unscharfer Betrachtung der Doppelseite aus der Ferne wahr.
Bei den Literaturangaben habe ich auch lange gezögert. Zur Informatik würde die Variante mit eckigen Klammern im Text grundsätzlich besser passen. An den allermeisten Stellen werde ich aber auf Literaturangaben völlig verzichten, dann nämlich, wenn ich sehr etablierte "Konzepte" beschreibe, bei denen sich kein Mensch mehr fragt, wer sie ursprünglich mal eingeführt hat. Es handelt sich in diesem Abschnitt also eher um einen Sonderfall. Die hier zitierten, sehr speziellen Publikationen wollte ich gar nicht unbedingt in einem Gesamtliteraturverzeichnis sehen.
Was die Fußnoten betrifft, so werde ich mir das Original von Willberg und Forssmann nochmal genau ansehen. Etwas mehr Abstand nach der Nummer würde wohl tatsächlich nicht schaden. Zusätzlichen Abstand zwischen den Fußnoten sehe ich eher nicht, da es in diesem Beispiel nur zweimal mehr als eine Fußnote auf einer Seite gibt und die zweite mit "Ebd." auch noch äußerst kurz ist.
Der Über-den-Dächern-Effekt auf den Seiten 24 und 25 lässt sich wohl kaum vermeiden. Wollte man dies, dann dürfte man ja keine Tabelle und keine Abbildung, die schmaler als die Textbreite sind, oben auf einer Seite platzieren. Das scheint mir unrealistisch. Der erwähnte Effekt ist ja auch in Fachbüchern durchaus renommierter Verlage zu beobachten.
Die Positionierung der Bezeichnungen in den Zuständen (Kreisen) muss ich mir tatsächlich nochmal ansehen. Je nach Index scheint sich eine etwas andere Position zu ergeben. Ich finde ohnehin, dass es aufgrund der Indizes immer so aussieht, als stehe die Bezeichnung nicht mittig im Kreis. Wahrscheinlich müsste man für jede Bezeichnung mühsam ausprobieren, bei welcher Korrektur sich optisch das beste Ergebnis einstellt. Diese Mühe scheint sich aber auch in Fachbüchern zu diesem Thema niemand gemacht zu haben ...
Den Einzug nach Ende von Definition 7.1 habe ich ganz bewusst unterdrückt. Der folgende Satz gehört zwar formal nicht mehr zur Definition, bezieht sich aber so eng darauf, dass ich keinen neuen Absatz "spendieren" wollte.
Die Variante des Zentrierens kann ich bei Gelegenheit gern mal ausprobieren.
Abschließend sollte ich vielleicht nochmal darauf hinweisen, dass es sich bei dem Skript weder um ein Fachbuch noch ein Schulbuch im üblichen Sinn handelt. Beispielsweise werde ich keinerlei Aufgaben integrieren, sondern diese weiterhin auf losen Arbeitsblättern austeilen, mit denen man auch "arbeiten" kann. Ich scheine hier gerade ein "Mittelding" zu kreieren, das ich in dieser Form bislang noch nicht gesehen habe.
Theoreme und Gleichungen
Hier mal Variante 2 mit Quadrat nur nach Ende eines Satzes/Beweises (gefällt mir auf jeden Fall besser) und in der üblichen Form gesetzten Gleichungsnummern. Falls das Quadrat zu sehr an "q.e.d." erinnert, könnte man es noch gegen ein anderes Symbol (z.B. ein Dreieck mit Spitze nach links) austauschen.
Das trifft auch auf die
Da habe ich mich ungünstig ausgedrückt, war halt doch etwas zu spät. Mit
meinte ich den Inhalt (das Aussortierten von Maschinen, die das gleiche machen), nicht die Typografie.
Sehe ich ähnlich, wobei das mit den Verlagen, du schreibst ja selbst:
Ich würde renommierte Verlage heutzutage nicht mehr unbedingt als Vorbild nehmen, wenn es um Typografie geht. Zumindest wenn diese Verlage auch noch groß sind, wie Springer.
Aber die Mühe, die du an der Stelle meintest, kann man sich evtl. sparen:
Als Indizes kommen ja meistens nur i, j und einzelne Ziffern vor. Da würde ich mir überlegen, nur das z zu zentrieren und den Kreis evtl. etwas größer zu machen, damit der Index nicht so nah am Kreis klebt. Bei längeren Indizes wie n+1 würde ich mal probehalber das ganze Gebilde nur horizontal zentrieren, vertikal dagegen weiterhin nur das z, damit das immer auf derselben Höhe steht. Am Ende würde es vermutlich darauf hinauslaufen, daß ich den Text im Kreis immer als ganzes horizontal zentriere, aber vertikal nur den Kleinbuchstaben z. Dafür muß man sich vermutlich etwas wie
\strut
definieren, das immer automatisch vor das z gesetzt wird.Eine Linie unter der Kopfzeile kann ich mir wie gesagt auch nicht so richtig vorstellen. Am Anfang dachte ich mir noch, das Skript ist aber sehr luftig gesetzt, nach einer Weile verfliegt der Effekt aber. Linien würden es wahrscheinlich wirklich formal zu streng machen.
Da ist ein Wort zuviel (nach Satz 7.2):
Hast du die grauen Quadrate als Ersatz für die Gleichungsnummern definiert? An ein paar Stellen erscheint jetzt eine Nummer, wo vorher ein Quadrat war. Bei der Definition am Anfang ist noch immer ein Quadrat.
Ich habe (bei meinen Dokumenten) schon öfter überlegt, Absätze im allgemeinen nur mit Einzug zu kennzeichnen, an manchen Stellen aber stattdessen Abstände einzufügen, um auf Hilfsmittel wie seitlichen Einzug, Quadrat am Ende, Farbe oder gar Umrandung (*grusel*) verzichten zu können. Quasi eine Phantomüberschrift, die keinen Platz in Anspruch nimmt, aber einen vertikalen Abstand erzeugt. Also
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oder etwas ausgefeilteres, aber eben keine so starke Abtrennung wie ein Asterismus (assoziiere ich mit Szenenwechseln in Romanen).Mir fällt gerade auf, daß jede Abbildung im Beispiel-PDF Teil des Satzes ist, in dem sie steht. Da würde ich vielleicht sogar auf Label und Caption verzichten. Es verhält sich halt doch so wie mit den abgesetzten Formeln … ;-) Schönes Beispiel: Abb. 7.7 und Gl. 7.1. Die beiden sind nur unterschiedliche Schreibweisen für dieselbe Sache (steht sogar so im Text). Für Sätze und Definitionen finde ich Label und Caption im Rand sehr passend (und für Tabellen und gleitende Abbildungen). Vielleicht kann man den Zustandsdiagrammen einfache Nummern geben, wie den Formeln auch (aber mit eigenem Zähler).